Auszug aus dem Artikel: Coming-Out aus der 63. LUST, Dezember00/Januar01
Weibliche und männliche (heterosexuelle) Jugendliche wie
auch Erwachsene brauchen oftmals für ihre schwache Selbstachtung
das Niedermachen anderer Leute. Und wir sind aus ihrer Sicht die
dafür dankbaren Opfer, da wir doch ganz still sein sollen,
wenn wir schon so sind.
Diesen triumphalen Genuss wollen wir ihnen aber nicht gönnen.
Und außerdem ist es wichtig, dass sie dabei erkennen, wie
mies sie sind, und dass man das mit uns nicht so einfach (mehr)
machen kann.
Was bekommen wir von ihnen so zu hören?
Homosexualität ist unnatürlich, denn Sexualität
dient dem Zeugen von Kindern
Dieses Argument ist sehr leicht zu entkräften. Du fragst
einfach den Menschen, der so etwas zu dir sagt, wie viele Kinder
er hat und wie oft er schon Sex hatte.
Sexualität dient überhaupt nicht, sondern
macht Spaß. Es bereitet den Menschen Vergnügen, die
Sex haben, zumindest sollte das so sein. Sexualität ist eine
genussvolle zwischenmenschliche Kommunikationsform. Wenn hier
und da mal bei ganz bestimmten Kombinationen und Sextechniken
Kinder entstehen, dann ist das nicht immer gewünscht, manchmal
aber doch. Das soll aber nicht unsere Sorge sein.
Homosexualität ist unnatürlich, denn Tiere verhalten
sich nicht homosexuell.
Erstens gibt es in vielen Bereichen Verhaltensweisen, die
Menschen an sich haben, die nicht aus der Natur, sondern aus der
Kultur stammen. Zweitens gehört Homosexualität zur menschlichen
Natur, denn es gab und gibt sie in der ganzen bekannten Geschichte
und in allen Kulturen. Drittens gibt es Tiere, die gelegentlich
homosexuell verkehren, beispielsweise Löwen, Wölfe,
Giraffen, Menschenaffen, Delfine ... Bei der unendlichen Vielfalt
der Tieren gibt es unendlich viele sexuelle Praktiken. Viertens,
Bei Menschen gibt es auch unendlich viele sexuelle Praktiken,
mehr jedenfalls als die reinen Begattungsakte. Was spricht dagegen,
sie alle auszuprobieren?
Homosexualität ist krankhaft, denn gesund ist, wenn
ein Mann eine Frau liebt und eine Frau einen Mann liebt.
Es fällt schwer, Menschen, die so unvernünftig argumentieren,
vernünftig zu antworten. Sex ist einfach gesund, denn es
macht uns glücklich, und glückliche Menschen sind gesünder
als unglückliche, die durch ihre Selbstunterdrückungen
leichter erkranken. Es gibt keinen krankhaften Sex,
der auf Gegenseitigkeit beruht. Wer mit krankhaft
argumentiert, will seine schwachen Argumente damit nur künstlich
stärker erscheinen lassen. Wenn ein oder mehrere PartnerInnen
sexuelle LUST mit sich selbst und/oder anderen empfinden, dann
ist das einvernehmlich und geht niemanden außenstehenden
an. Wenn überhaupt etwas krankhaft ist, dann
sind es die Leute, die andere Menschen an ihrem sexuellen Glück
hindern wollen.
Homosexuelle verführen die Jugend zur Homosexualität.
Aus Gründen des Jugendschutzes müssen sie daran gehindert
werden.
Homosexuelle sind oft auch selbst Jugendliche oder sie waren
es. Es gibt uns in jedem Alter. Und Menschen, die miteinander
sexuell verkehren wollen gibt es folglich auch in jedem Alter
und auch zwischen unterschiedlichen Altersgruppen, denn wer schreibt
uns eigentlich vor, nur altersgleiche PartnerInnen zu suchen?
Sofern es sich hier nicht um Sexualität von Erwachsenen mit
Kindern handelt, bleibt das im Bereich des Selbstbestimmungsrechtes
der an diesem Spiel interessierten Menschen. Mit dem in der Überschrift
genannten Vorwurf wurden die Gesetze gegen homosexuelle Menschen
begründet. Wir würden auch Ehe und Familie gefährden,
wurde bei der Rechtfertigung der Strafgesetze behauptet.
Gewalt und Nötigung, um sexuelle Handlungen gegen den Willen
der PartnerInnen durchzusetzen, sind gegen unsere Interesse gerichtet:
dass jeder Mensch so sein darf, wie er nun mal ist. Aber wenn
sich jemand bei einem Anbahnungsspiel verführen
lässt, dann kann man Neugier und Interesse unterstellen.
Das darf nicht mit dem sexuellen Missbrauch gleichgesetzt werden,
denn sonst würde man uns grundsätzlich verwehren, Kontaktversuche
zu unternehmen. In den 80er Jahren wurde die Ideologie der Heilige
Familie schwer erschüttert, als offen ausgesprochen
wurde, dass nicht die abartigen Homosexuellen Kinder
missbrauchen, sondern dass dies im engsten Familienkreise geschieht,
oft sogar durch nahe Verwandte. Das wollten die Ehepropagandisten
nicht auf sich sitzen lassen. Sie behaupteten, dass durch sexuellen
Missbrauch Homosexualität entstehen würde. Wir haben
in unserer Gruppe nachgefragt, ob jemand solche schrecklichen
Erlebnisse machen musste. Die Unterdrückung der sexuellen
Selbstbestimmung hatten aber einige von uns nur in der Form erlebt,
dass die Familie sie an homosexuellen Kontakten zu hindern versuchten
und dass altergleiche FreundInnen Homosexualität herabsetzend
titulierten.
Homosexualität ist unnormal. Wenn das alle machen würden,
wäre die Menschheit schon ausgestorben.
Wenn jemand so argumentierst, kann man fragen, ob er oder
sie denn schwul oder lesbisch empfinden würde und das andere
nur lustlos tut, damit genügend Kinder da sind? Sex haben,
heißt doch nicht automatisch: Kinder zeugen, auch wenn das
dabei natürlich auch vorkommt. Muss wirklich jede Frau eine
Mutter werden? Leiden wir denn an Unterbevölkerung? Stirbt
denn die Menschheit gerade aus? Aber wenn, was wäre daran
schlimm? Und wenn die Deutschen aussterben würden,
wie Rassisten manchmal argumentieren, wäre das wirklich ein
Verlust, wenn sie weg wären?
Wenn es tatsächlich auf das Sperma ankäme, das zum Beispiel
männliche Homosexuelle nicht zum Zeugen von Kindern benutzen,
dann könnten sie ja Sperma für künstliche Befruchtung
zur Verfügung stellen. Aber auch bei Heteros wird viel Sperma
mit Kleenex weggewischt, in Pariser eingeknotet und überallhin
verspritzt und vergossen, so dass es auf unsere Tropfen wirklich
nicht ankommt.
Homosexualität ist ekelhaft, ich könnte keinen
Menschen des gleichen Geschlechts erotisch finden.
Das bedeutet ja nur, dass diejenige den weiblichen und derjenige
den männlichen Körper in erotischer Hinsicht ekelhaft
findet, also auch den eigenen Körper. Solche Leute sollten
uns leid tun.
Aber wie ist es bei der Selbstbefriedigung? Dort streichelt doch
eine Frauenhand einen Frauenkörper beziehungsweise eine Männerhand
einen Männerkörper. Ist das ekelhaft? Und im Spiegel,
finden sich diese Leute dann selbst ekelhaft? Sie wollen natürlich
damit sagen, dass sie uns als ekelhaft empfinden. Die könntest
du mir nackt auf den Bauch binden, hörten wir z. B.
eine lesbenfeindliche Frau sagen. Da wollten wir sie aber beruhigen.
Keine Frau von uns war an ihr interessiert, denn so toll sah sie
auch nicht aus, und was ihren Charakter betrifft ganz zu schweigen.
Als wir ihr das sagten, hat ihr das dann auch nicht gefallen.
Homosexualität ist Sünde, denn Sexualität
ist nur in der Ehe und zwischen Mann und Frau keine Sünde.
Wir würden mit unserer Sexualität sündigen?
Gegen diese Beleidigung müssen wir uns verwahren. Diese anmaßende
Verurteilung steht niemanden zu. Richtet nicht, auf dass
ihr nicht gerichtet werdet.
Wer an solche Dinge glaubt, mag nach seinen Richtlinien leben,
aber uns nicht damit beleidigen oder angreifen. Da sollten wir
keinen Spaß verstehen, sondern diese Aussage derart übel
nehmen, dass der oder die andere versteht, wie unverschämt
er/sie ist.
Homosexuelle werden diskriminiert, deshalb sollten möglichst
wenig Menschen homosexuell werden.
Das ist ein besonders blödes Argument. Da könnte
man auch sagen, wenn dunkelhäutige Menschen diskriminiert
werden, muss man dafür sorgen, dass sie keine Kinder mehr
bekommen. Übel sind die heuchlerischen Diskriminierer, die
nicht mal dazu stehen können, dass sie uns weghaben wollen.
Und wir sollen auch noch einsehen, dass wir weg gehören.
Wer so redet, sollte mit dem Diskriminieren endlich aufhören,
dann gehts uns einfach besser.
Homosexuelle können keine normale Freundschaften haben,
weil es ihnen immer um Sex geht.
Was ist schon eine normale Freundschaft unter
Frauen? Etwa, wenn sie die Beziehungen durchhecheln, über
Verwandte und Kinder reden und sich über ihre Freunde, Männer
und Liebhaber beklagen? Ist es da nicht besser, wenn wir unser
Freundinnen in die Arme nehmen können und einfach küssen?
Dann ist der Mund mit anderem beschäftigt. Und das Tratschen,
das machen wir Lesben nun auch mit Männern.
Und was ist eine normale Männerfreundschaft? Über Fußball,
Autos und Frauen reden, sich gegenseitig die Schultern blau klopfen,
zusammen besoffen pissen gehen und sich gegenseitig mit den Zigaretten
Löcher in die Klamotten brennen? Über unsere Männer
tratschen, das machen wir dann mit Frauen.
Homosexuelle haben unästhetische und ekelhafte Sexualpraktiken.
Schwule Männer machen mit ihrem schmutzigen Sex andere Männer
zu ihren Frauen, und lesbische Frauen kommen doch ohne Schwanz
nicht aus.
Also, da könnten wir viele boshafte Sätze finden,
mit denen heterosexuelle Praktiken besonders ekelhaft dargestellt
würden. Das muss aber nicht unser Stil sein.
Dass Frauen ohne Schwanz nicht auskommen würden, ist der
fromme Wunsch gieriger heterosexueller Männer. Natürlich
ist u.a. auch etwas Längliches wie Zunge, Finger oder etwas
aus Gemüse oder Plastik bei einigen Praktiken ganz praktisch.
Das ist aber genauso wenig ein Schwanz wie der Schalthebel in
einem Sportwagen in der Hand eines heterosexuellen Mannes. An
einem Schwanz ist nämlich ein Mann dran, und das macht den
Unterschied.
Besonders auch der Analverkehr gehört zu den vielfältigen
Praktiken homosexueller Männer. Und gerade dies ist ein Trauma
heterosexueller Männer, denn die zusammengekniffenen Arschbacken
machen den Helden aus, der seine weiche Stelle nicht mit einem
Lindenblatt zudecken kann. Analverkehr ist nicht schmutziger als
Vaginalverkehr, denn die Scheiße passiert den Enddarm und
lagert dort nicht. Sehr viele empfindliche Nerven befinden sich
in der Zone zwischen Schwanz und Loch, und dort lässt sich
allerhand fühlen, wenn Mann nicht Angst hat, dadurch unmännlich
zu werden. Gefickt werden heißt in der Gossen-Umgangssprache
auch gedemütigt werden. Das will ein heterosexueller
Mann den Frauen zumuten und selbst nicht erleben. An Analverkehr
ist nichts Erniedrigendes. Wer Lust dran hat, solls ruhig erleben,
wers nicht mag, solls halt lassen.
Homosexuelle müssen uns Heterosexuelle besonders achten,
denn sie sind von einer heterosexuellen Mutter geboren worden.
Sicher ist es angebracht, die eigene Mutter zu achten. Bedeutet
das aber, dass wir andere Leute deshalb nicht achten sollen? Aber
die, die uns so etwas sagen, haben uns weder gezeugt noch ausgetragen
und geboren. Kein Mensch ist aufgrund der Zugehörigkeit zu
einer Gruppe besonders achtenswert oder verachtenswert. Man will
hier die Heterosexualität irgendwie heilig sprechen, was
wir nicht akzeptieren können, denn auch unsre Sexualität
ist uns heilig.
Lesben sind verklemmte Frauen, die nur mal einen richtigen
Mann brauchen.
Was ist das, eine verklemmte Frau? Bestimmt nicht eine Frau,
die einen solchen Sprücheklopfer ablehnt. Was ist ein richtiger
Mann? Einer, der es nötig hat, seine Männlichkeit
ständig Frauen gegenüber unter Beweis zu stellen? Er
hat zu akzeptieren, dass diese Frau diesen Mann nicht will. Über
den Grund hat sie ihm keine Rechenschaft abzulegen. Ein Mann,
der das nicht akzeptieren kann, scheint allerdings unter einem
ganz schönen sexuellen Druck zu stehen, den er auf angemessene
Weise nicht bewältigen kann. Er selbst scheint also verklemmt
zu sein.
Schwule sind sexsüchtig, sie können einfach nicht
enthaltsam leben. Selbst die Bedrohung durch Konzentrationslager
hat sie nicht von ihrer widernatürlichen Unzucht abgehalten.
Was ist eine Sucht? Bestimmt nicht, wenn man sexuellen Genuss
erleben möchte, auch nicht, wenn man ihn öfter, als
andere es wollen, erleben möchte. Sexualität bedeutet
Lebensglück. Da ist es schon eher seltsam, wenn jemand sexuell
enthaltsam leben möchte. Doch das ist die Entscheidung jedes
Menschen für sich. Aber was andere Menschen mit anderen Menschen
machen (wollen), geht einen dritten nichts an (solange es sich
nicht um Nötigung oder einen gewaltsamen Übergriff handelt).
Seltsam ist es, dass Zucht wie Zuchthaus
offensichtlich immer noch für gut gehalten wird.
Was hier aber über Schwule bezüglich Konzentrationslager
ausgesagt wird, ist faschistisch, denn es bedeutet in seiner Konsequenz:
man kann die Schwulen nur durch Ausrottung an Homosexualität
hindern. Wer einen Menschen, mit dem er genussvoll gegenseitige
Sexualität erleben kann, kennenlernt, macht sich meistens
keine Gedanken über Gefahren und Strafgesetze.
Ein Jugendgespräch:
Sabine: Hallo Irma, wie gehts Dir und Deiner geliebten
Freundin Monika?
Irma: Ach erinnere mich doch nicht an die. Die hat sich
ja sogar einem Mann an den Hals geworfen. Ich bin völlig
fertig.
Sabine: Iiiiiii, das ist ja ekelhaft. Aber nimm es mir
nicht übel, ich habe nie verstanden was Du an der gefunden
hat. Dass mit der etwas nicht stimmt, den Verdacht hatte ich schon
immer. Die war doch völlig unnormal. Allein wie die so rumgelaufen
ist: wie eine Tunte, die von einem Mann genommen werden will.
Irma: Jetzt sei aber nicht ungerecht. Du bist ja nur
eifersüchtig. Sie war selbstbewusst und hingebungsvoll. Wie
konnte man da so etwas erwarten. Wir waren so glücklich miteinander.
Was die nur an einem Mann findet? Dieser komische mit Blut gefüllte
oder schlapprige Wurmfortsatz am Körper, damit kann man doch
überhaupt nichts anfangen. Das kann ich überhaupt nicht
nachvollziehen. Ich apelliere an Dich als Freundin, das Du diese
Geschichte nicht weitererzählst. Monika ist schon gestraft
genug. Wenn sie Wert darauf legt, ihr Hetensein jemanden zu gestehen,
sollte sie das nur aus freien Stücken tun dürfen.
Sabine: Da hast Du natürlich recht. Alle würden
sie verachten. Damit muss sie selbst zurechtkommen. Aber die Gerlinde
muss ich natürlich warnen, damit die nicht länger hinter
der Monika herrennt. Sie würde sich ja zur vollkommenen Närrin
machen.
Irmgard: Vielleicht ist das ja nur eine Phase, die vorübergeht.
Da dürfen wir nicht vorgreifen und ihr Leben ruinieren.
Sabine: Das hat sie sich dann selbst zuzuschreiben.
Wer so was tut, darf andere nicht verletzen. Aber die ehrliche
Liebe einer normalen Lesbe geht vor. Die darf nicht durch so eine
irregeführt werden.
Ein Brief:
Hallo Manfred,
wie geht es Deiner Frau? Ich wollte Dir eigentlich schon immer
mal sagen, dass ich Dich achte, obwohl Du an Heterosexualität
leidest. Wie ist das eigentlich gekommen? Hast Du ein schlechtes
Erlebnis mit einem Mann gehabt?
Ich schreibe Dir, weil ich im GayBildQueer erfahren habe, dass
es in den USA einen Psychologen gibt, der heterosexuelle Menschen
heilen kann, so dass sie wieder normal werden und auch wieder
einen Menschen des gleichen Geschlechts lieben können. Wäre
es nicht toll für Dich, wieder ganz normal zu sein? Du wärst
dann kein Außenseiter mehr.
Es gibt noch einen weiteren Grund, weshalb ich Dir heute schreibe.
Du weißt ja, dass ich Dich mit Deiner Neigung toleriere.
Ich habe immer vertreten, dass es auch unter Euch anständige
Leute gibt. Ihr könnt einfach nichts dazu, dass Ihr so seid.
Aber sage nichts davon unseren Vätern. Die sind alte Leute,
haben ihr Leben lang rechtschaffen auf anständige Weise gelebt
und könnten nicht ertragen, dass ihr Sohn so einer ist. Außerdem,
wenn Du mit Deiner Frau wieder zu uns auf Besuch kommst, solltest
Du weiterhin verschweigen, dass sie eine Hete ist, und vor allem
solltest Du sie nicht wieder vor der Haustüre küssen.
Da kann man sich doch etwas zusammennehmen, wenn man schon so
ist. Was sollen denn die Nachbarn von uns denken?
Du weißt Manfred, wir haben immer gewartet, dass Du eines
Tages mit einem anständigen jungen Mann nach Hause kommst.
Dass es nun anders ist, damit müssen wir nun alle zurechtkommen,
was nicht leicht ist. Daran solltest Du immer denken.
Ich umarme Dich, Dein brüderlicher Johannes
Hallo Gay Guys n´ Girls,
Ihr seht, wir Lesben und Schwule sind keine unterwürfigen
Bittsteller um Toleranz, sondern wir können den diskriminierenden
Heten-Boys und -Girls selbstbewusst entgegentreten. Es geht uns
auch nicht um das gnädige Tolerieren, sondern um das ebenbürtige
Akzeptieren. Wir möchten nämlich, wie andere Menschen
auch, so akzeptiert werden, wie wir uns unser Leben einrichten
wollen, weil es so für uns gut ist.
Beim Tolerieren erwartet man von uns, dass wir uns so lange an
das Hetenleben anpassen, bis überhaupt keine abweichenden
Verhaltensweisen mehr zu erkennen sind, bis wir die anderen also
nicht mehr stören. Dann ist man vielleicht bereit, uns in
Ruhe zu lassen. Aber was bleibt von unserem Leben?
Ob wir allerdings so offensiv und selbstbewusst auftreten können,
wie es selbstverständlich für uns am besten wäre,
das kommt ganz auf die Gegebenheiten an.
Wenn man es mit solchen Nazi-Jugendlichen zu tun hat, die Gewalt
anwenden, um Recht zu behalten, dann ist natürlich das Argumentieren
sinnlos, auch gerade das witzige Argumentieren. Es könnte
nämlich sein, dass sie finden, dass Du eigentlich Recht hast,
mit dem, was Du sagst. Das kann dann zu einem Gewaltausbruch führen,
weil nichts sein darf, was nach ihrem Weltbild nicht sein kann.
Wenn sie jemanden verprügeln oder gar umbringen, dann behalten
sie natürlich recht, meinen sie. Auch wenn solch ein Verhalten
natürlich gerade beweist, dass sie unrecht haben, können
sie uns damit gefährlich werden.
Für uns ist eine Menge Feingefühl nötig, wenn wir
uns in der Welt, die wir vorfinden, einigermaßen zufriedenstellend
einrichten wollen. Gleichzeitig müssen wir mit anderen, die
das auch wollen, dazu beitragen, dass die Welt ein Stückchen
besser wird, mitmenschlicher, erlebenswerter. Das wäre emanzipatorische
Politik. Dafür kann sich jemand entschließen, der Unterdrückung
generell abschaffen will und nicht der, der von Unterdrückunng
profitieren will. Lesbisch und schwul sein bedeutet nicht automatisch,
sich verantwortlich zu verhalten. Wir Lesben und Schwulen hatten
in der Geschichte immer dann einen größeren Spielraum
zum leben, wenn sich die Welt um uns herum in Richtung Emanzipation
bewegte. Und es ging unseren Leuten immer dann schlecht, wenn
irgendwelche politischen oder religiösen Fundamentalisten
allen Menschen Vorschriften machen wollen, wie sie zu leben haben.
Dass die zum Zuge kommen, ist aber kein Naturgesetz.
Wir meinen ja, dass zum Coming-out auch gehört, sich für
unsere lesbische und schwule Gemeinschaft ein wenig verantwortlich
zu fühlen und sie nicht als Abbruchhalde anzusehen, wo sich
jede(r) die besten Stücke holen kann, ansonsten sollen die
Leute sehen, wie sie zurechtkommen. Aber das wäre ein neues
anderes Thema.
Genieße Du nur Deine Schritte im Coming-out mit solchen
Menschen, die dich so, wie Du bist, achten und die Dir so manchen
Genuss bereiten.
Ansonsten wünschen wir Dir geile Tage und Nächte
LesbGayGirl und OldGayMan