- Warum wir anders sind als die anderen
Gruppen
- nein, hier geht es nicht um die Frage, warum wir homosexuelle
Lust empfinden oder zumindest homosexuelle Wünsche haben.
Diese Frage stellen wir uns nicht, denn sie geht davon aus, dass
wir uns für unsere homosexuellen Wünsche und Neigungen
in irgendeiner Form rechtfertigen müssen, dass wir uns wegen
unserer Abweichung von dem, was andere für normal halten,
infragestellen müssten. Wir halten Homosexualität für
eine von verschiedenen Möglichkeiten, zufriedenstellende
Sexualität erleben zu können. Und weil wir dazu Lust
haben, brauchen wir uns nicht gegenüber denen zu rechtfertigen,
die dazu keine Lust haben und die annehmen, dass sie deshalb
besser und wir deshalb schlechter seien.
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- Hier geht es darum, warum in unserer Gruppe Lesben und
Schwule zusammenarbeiten und nicht getrennt sind, und warum bei
uns die Generationen in einer Gruppe zusammen sind und nicht
aufgespaltet werden in eine Rentnergruppe, eine Erwachsenengruppe,
eine Jugendgruppe usw., wie dies in anderen Organisationen der
Fall ist. Wir sind anders als die anderen Gruppen, weil wir eine
andere Geschichte als sie haben und deshalb unsere Aufgaben anders
sehen.
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- Die ROSA LÜSTE
ist eine politische Gruppe. Was uns verbindet, ist die gemeinsame
Absicht, gesellschaftspolitisch sowohl in der Lesben- und Schwulenszene
als auch unter heterosexuelle Menschen wirksam zu sein. Uns geht
es um die persönliche, die zwischenmenschliche und die gesellschaftliche
Emanzipation. Und zu dieser gemeinsamen Arbeit laden wir nicht
die ein, die lesbisch oder schwul sind und bei uns Partner oder
Partnerinnen suchen. Oder Lesben und Schwule, die außer
in den Lokalen noch woanders nette Abende verbringen wollen.
Dies alles gibt es natürlich bei uns, aber das ist nicht
der Zweck der Gruppe. Der Zweck ist die gemeinsame emanzipatorische
Arbeit.
- Und siehe da, beim gemeinsamen Arbeiten in der Gruppe lernt
man die anderen TeilnehmerInnen auch kennen, vielleicht sogar
besser, als wenn man das Kennenlernen zum einzigen Ziel hat.
In den Gruppen, in denen das Kennenlernen das Programm ist, hat
man viele Zeremonien um das Kennenlernen herumgebaut, so dass
man dort kaum jemanden kennenlernen kann. Das geht bei uns unproblematischer,
weil man hier sagen kann, wonach einem ist. Wir sind aber kein
sich selbst verzehrendes Vermittlungsbüro, wo man hingehen
kann, um sich dort die PartnerInnen abzuholen, während die
Ziele der Gruppe dann plötzlich unwichtig geworden sind.
Wir wollen nicht unbedingt, dass möglichst viele Lesben
und Schwule bei uns mitmachen, sondern solche, die echte Leute
sind, auf die man sich gegenseitig verlassen kann. Wir möchten,
dass man sagen kann: auf Leute von der ROSA
LÜSTE kann man sich verlassen.
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- 1. Warum wir glauben, dass es gut ist, wenn Lesben und
Schwule zusammenarbeiten
- Vieles möchten Lesben unter sich besprechen, ohne dass
sich ein Mann, auch ein schwuler Mann, einmischt. Das ist in
Ordnung und findet auch gelegentlich bei uns statt. Vieles ist
auch durch ein Gespräch unter Männern (ohne anwesende
Frauen also) zu klären und wir meinen, auch das hat seine
Berechtigung. Aber Vieles können wir ganz gut gemeinsam
machen.
- Wir können voneinder lernen, uns gegenseitig helfen.
Wir haben auch viele Probleme gemeinsam. Heterosexuelle Männer
und Frauen können auch bei großer Solidarität
mit uns oftmals doch nicht nachfühlen, wie das ist, wenn
man zum Beispiel nach heterosexuellen Maßstäben gemessen
wird. Zwei Frauen, die zum Beispiel zusammenleben, sind eben
nicht wie ein heterosexuelles Paar zum Beispiel ein Mannweib
und ein feminimes Weibchen, auch wenn es von außen für
Fremde manchmal so aussieht. Und das gleiche erleben Schwule
auch. Und es ist für uns besser, zusammen gegen den Heterosexismus
eintreten, gegen Intoleranz und Arroganz, und politisch gegen
die rechtsradikale Ideologie in den Köpfen der GegnerInnen
von Minderheiten, also auch von uns, obwohl die Nazis ja selbst
eine Minderheit sind.
- Es wird oft behauptet, dass in lesbischwulen Zusammenhängen
die schwulen Männer das Sagen haben, und wir müssen
zugeben, dass es viele Strukturen in unserer Szene gibt, wo dies
auch wirklich der Fall ist. Aber ein guter Vorschlag ist nicht
deshalb gut, weil er von einem Mann oder einer Frau kommt, sondern
deshalb, weil er weiterhilft. Deshalb sind engagierte Lesben
genauso eingeladen wie engagierte Schwule.
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- 2. Warum bei uns ältere und jüngere Lesben und
Schwule zusammenarbeiten.
- Der älteste Mitstereiter in unserer Gruppe ist der 84jährige
Willi. Und wenn der von seinen Erfahrungen aus der Nazizeit berichtet,
hören alle zu, auch die ganz jungen. Der Jüngste ist
zu dem Zeitpunkt, zu dem dies geschrieben wird, ein junge Schwuler
von 17 Jahren. Diese Altersangaben können aber schon bald
wieder anders sein, je nachdem, wer mitmachen will oder Gründe
hat, nicht mehr zu kommen, wer Geburtstag hat und dadurch älter
ist usw.
- Als die Jugendgruppen aufkamen, die Lesben und Schwule über
ein bestimmtes Alter ausgrenzen, beschäftigten wir uns mit
deren Argumentation. Als Hauptgrund wird angegeben, dass Jugendliche
von Konkaktversuchen durch Ältere geschützt werden
müssten. Und wirklich gibt es auch ältere Schwule und
Lesben, die sexuelle Kontakte mit Jugendlichen suchen. Unter
diesen gibt es auch welche, die miese Tricks anwenden. Unsere
Gruppe arbeitet daran, dass jede und jeder, die/der hier mitmacht,
Formen findet, sich in ihren/seinen Wünschen offen einzubringen.
Unser Ziel im Gruppeninneren und in der Gesellschaft ist, dass
niemand erleben muss, in irgend einer Form gegen seinen Willen
zu sexuellen Handlungen genötigt zu werden.
- Dazu müssen sich alle ihrer Bedürfnisse bewusst
sein und sie auch vetreten können. Lange Zeit wurde jegliche
männliche Homosexualität in diesem Lande generell verboten.
Das ist noch in vielen Ländern der Erde so. Deshalb ist
unser wichtigster Kampf, dass einvernehmliche sexuelle PartnerInnenschaften
das Recht haben, zu existieren. Sollte tatsächlich einmal
eine Jugendliche sich zu einer älteren Frau, ein Jugendlicher
sich zu einem älteren Mann erotisch hingezogen fühlen,
sehen wir darin nichts Bedenkliches, so lange dies einvernehmlich
ist. Bei sexuellen Handlungen zwischen Kindern und Erwachsenen
gehen wir davon aus, dass dies nicht einvernehmlich sein kann.
Ungesetzliche sexuelle Handlungen dulden wir nicht. Das gegenwärtige
Sexualstrafrecht in Deutschland benachteiligt seit der Abschaffung
des § 175 StGB (im Zuge der Wiedervereinigung und der folgenden
Rechtsangleichung) homosexuelle Erfahrungen nicht mehr. Im Familienrecht
sieht es da anders aus.
- Die Vorteile, dass die Generationen voneinander lernen und
sich gegenseitig stärken können, überwiegen unserer
Meinung nach. Wir mussten die Erfahrung machen, dass jungen Schwule,
die von einer Jugendgruppe zu uns kamen, dort mit sehr konservativen
Ansichten indoktriniert wurden und in Fragen der persönlichen
Lebensgestaltung recht naive Vorstellungen mitbrachten. Unsere
Erfahrung ist aber mit Sicherheit nicht zu verallgemeinern. Die
Gefahr besteht aber, dass die nachwachsenden Lesben und Schwulen
unkritisch in die kommerziellen Angebote und in die vorherrschenden
gesellschaftlichen Strukturen geschleust werden. Da scheint die
Begegnung mit einem Telefon und einer 0190-Nummer unproblematischer
zu sein als eine zwischenmenschliche Erfahrung. Deshalb scheinen
uns die Erfahrungen von lesbenbewegten Frauen und schwulenbewegten
Männern auch bei einem heutigen Coming-out wichtig zu sein.
Die Erfahrungen früherer Generationen von Lesben und Schwulen
dürfen nicht künstlich von den nachwachsenden Generationen
ferngehalten werden.
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- Die Strafgesetze gegen homosexuelle Menschen sowie die
Benachteiligungen für unsere frei gewählten Parntnerschaften
wurden und werden mit dem Schutz der Ehe und der Jugend sowie
der Moral gerechtfertigt. Gut, dann sind wir eben unmoralisch
und haben unseren Spaß dabei. Die vorherrschenden Beziehungsmodelle
sind schon von Lesben und Schwulen der 68er Generation untersucht
und hinterfragt worden. Die damalige sexuelle Revolte öffnete
endlich auch den Lesben und Schwulen die Möglichkeit, ohne
von Staat, CDU und Kirche verurteilt zu werden, zu leben. Das
müssen auch die nachwachsenden Generationen erfahren, denn
das Eis, auf dem wir uns bewegen, ist nicht so dick, wie manche
glauben.
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- Während es in so mancher anderen Gruppe eher um die
Integration, also um das Anpassen von Lesben und Schwulen geht,
ist unser Ziel, eigenständige und ehrliche Formen des miteinander
Umgehens zu entwickeln und dabei unseren Spaß zu haben.