- Nicht immer gibt es bei uns freitag auch politische Diskussionen,
aber bei bestimmten Anlässen kommen diese ganz automatisch
zur Sprache. Und es gibt dann oftmals kontroverse oder solche
Gespräche auf, bei denen wir uns alle einig sind. Z. B:
-
- Kriege
Zu den Vorgängen am 11. September in New Yorck und Washington.
In einer der Sendungen "die Tag" in HR1 behauptete
einer der Historiker am Beispiel des Krieges zwischen den Staaten,
die vorher noch die jugoslawischen Republiken waren, dass wir
es mit einer neuen Art von Kriegen zu tun bekämen: mit ethnischen
Kriegen. Zur Zeit des ersten Weltkrieges seien es imperialistische
Kriege gewesen, Kriege um Rohstoffe und Absatzmärkte, Kriege
um Einflusszonen und Abgrenzungen der Einflusszonen gegeneinander.
Dann, nach dem zweiten Weltkrieg, sei es um die beiden Blöcke
gegangen, um Stellvertreterkriege. Und nun eben gehe es um ethnische
Kriege.
Das leuchtet auf den ersten Blick doch ein. Aber auf dem 2. Blick
dann doch nicht mehr so ganz. Was war denn dann der 2. Weltkrieg?
Ein Vorgriff auf heute, ein ethnischer Krieg? Vielleicht ein
Nachholen von dem, was im 1. Weltkrieg nicht erreicht wurde,
also ein imperialistischer Krieg? Neuerdings hört man, der
große Nord-Süd-Konflikt stehe vor der Türe und
zeige sich als Krieg der Kulturen. Furchtbar wäre das, wenn
das stimmen würde, ich kann mir nichts Schlimmeres vorstellen,
denn das wäre ein Ausrottungskrieg.
Bei einem Krieg der Kulturen wäre es auch innerhalb der
Länder aus mit der kulturellen Vielfalt, die uns Lesben
und Schwulen ermöglicht, unsere Nische zu bekommen. Je stärker
sich dann die Kulturen abgrenzen um so knapper würde unser
Spielraum. Fest steht, dass solche Kriege, die mit Nationalismus
in Begleitung seines kleinen Bruders, des Patriotismus, geführt
werden, immer in der Gefahr sind, in den Rassismus abzugleiten.
Unter solchen Umständen ist es dann möglich, Kinder
umzubringen, obwohl dies keine Soldaten sind (zumindest meistens),
denn aus ihnen werden ja auch die Vertreter des verhassten Volkes,
der verhassten Rasse, der verhassten Kultur.
Oder die Kriege werden religiös begründet und sind
immer in Gefahr, in den religiösen Fundamentalismus abzugleiten.
Hier wäre es dann möglich, Bomben in Moscheen oder
Kirchen oder Synagogen hochgehen zu lassen, da sich dort die
Vertreter des falschen, des teuflischen oder ähnlichen Glaubens
treffen. Oder Bomber in Bevölkerungen hochehen zu lassen,
die ohnenhin nicht dem richtigen (rechten) Glauben angehören.
Es sind dies also keine Kriege mehr von Soldaten gegen Soldaten,
wie das angeblich früher so war, sondern von Soldaten und
Partisanen gegen Menschen und Völker, gegen Bevölkerungen,
sogar von Bevölkerungen gegen Bevölkerungen. Wer hätte
noch vor einigen Jahren gedacht, dass uns tatsächlich solche
Kriege drohen können? Und das in Mittel-Europa?
Ein absolut terroristischer Angriff auf die exhibitionistischen
Symbole amerikanischer wirtschaftlicher und militärischer
Macht hat stattgefunden. Menschen, die zufällig an diesem
Tag mit Flugzeugen unterwegs waren, wurden einfach mit den "Selbstmord-Attentätern"
in den Tod genommen, ebenso wie die Menschen, die sich gerade
in dem gigantischen Gebäude, dem Welt-Handels-Zentrum, befanden,
und im Petagon, dem gigantischen Gebäude der amerikanischen
militärischen Macht.
Richtig, dieser Angriff war terroristisch, und es ist zu hoffen,
dass die Hinterleute, die derart menschenverachtend ihren Zielen
nachgehen, dingfest gemacht werden können. Und wer waren
die TäterInnen? Fundamentalistische moslemische Terroristen?
Sleeper, also Menschen, die sich anständig verhalten, die
hier und in anderen westlichen Ländern studieren und auf
einen Befehl zum Einsatz warten, der ihr eigens Leben und das
vieler anderer kosten wird. Mit Menschen, die so drauf sind,
dass sie das können, kann man sicherlich nicht argumentieren.
"Das Böse", sagte der amerikanische Präsident,
sei für diesen Anschlag verantwortlich. Nun wissen wirs.
Und alles, was nun dagegen unternommen wird, ist dann wohl "das
Gute". Dabei fällt mir auf, dass die USA in den letzten
Jahren Kriege gegen ihre eigenen Produkte führen, die ihnen
aus dem Ruder gelaufen sind. Ob es der Golf-Krieg ist, den die
USA gegen den Stat führten, den sie vorher gegen den Iran
aufgebaut hatten. Ob es gegen die Regierung in Panama ging, die
vorher von den USA dort implantiert worden ist. Oder ob es gegen
die Taliban geht, die von den USA gegen "Das Reich des Bösen",
wie Präsident Reagen die UdSSR nannte, kämpfen sollten
und wollten. Sie wollten es auch, da sie mit den USA gegen die
mit der UdSSR zusammenarbeitenden afghanischen Kräften vorgehen
wollten. Man benutzte sich also gegenseitig. Und natürlich
Bin Laden und seine Netzwerke, ebenfalls von den USA aufgebaut.
Und immer haben die USA gewonnen, und immer haben sie mit dem
Teufel den Belzebub ausgetrieben, wie man so schön sagt,
und immer kam was anderes Mieseres dabei raus. Wohin führt
das?
Unsere PoliterInnen überschlagen sich nun in Versicherungen,
dass jetzt andere Zeiten auf uns zukommen und dass dies große
Einschränkungen in unserer persönlichen Freiheit zur
Folge haben würde. Die Bundeswehr soll im Inneren eingestzt
werden können, meint der Innenminister, der von der Bildzeitung
damals "Terroristenanwalt" genannt wurde, als er als
Anwalt die "Bader-Meinhof-Bande" (Bild) verteidigte.
Und der ehemalige Straßenkämpfer, jetzt Außenminister,
brachte die ehemaligen grünen Pazifisten in den Bundestag
und führt sie zusammen mit dem sozialdemokratischen Kanzler
auch in einen Krieg gegen "das Böse".
Man sagt uns mit Recht, dass der Islam nicht automatisch eine
fundamentalistische oder gar terroristische Religion sei. Es
ist aber nicht zu verkennen, dass die inneren Strukturen des
Islams derzeit in vielen Staaten der Erde von solchen Religionsführern
genutzt werden, die islamistische Regimes zu etablieren versuchen,
bei denen die Religionsführer die politische und militärische
Macht innehaben, was Religionskriege nahelegt und eine religiöse
Diktatur etabliert. Religiöse Diktaturen stehen faschistischen
Diktaturen nicht nach.
Man sagt mit Recht, dass dies den Islam nicht repräsentiere
und dass Muslime nicht mit Terroristen und Diktatoren identisch
seien. Das ist wahr, und der Tag der offenen Moscheen am deutschen
Nationalfeiertag, dieser Tag, der uns nahelegt, dass es deutsche
Muslime gibt, sollte uns für die Religionsfreiheit dankbar
sein lassen, die uns auch eine andere Freiheit gibt. Wir habe
die Freiheit, uns überhaupt nicht von klerikalen Kräften
anleiten und führen zu lassen, sondern um die individuelle
Freiheit besorgt zu sein.
Wie der Islam mit der Frage der Emanzipation der Frau ungeht
und mit der Homosexualität zwischen Männern, kann uns
nicht egal sein. Und wie das Christentum in der Vergangenheit
mit diesen Fragen umging auch nicht. Wir brauchen nur nach Nordirland
zu schauen, um zu verstehen, dass das Christentum von den angesprochenen
Fragen nicht frei ist. Und christliche Fundamentalisten wittern
nun Chancen. Da gibt es die rechtsgerichtete "Christliche
Mitte" als politische Partei und die "Christen in der
Offensive", die Menschen, die sich in der Lebenskrise Coming-out
befinden, den Weg in eine christliche Heterosexualität weisen
wollen, durch die Verstärkung von traditioneller Männlichkeit
bei Männern und unterwürfiger Weiblichkeit bei Frauen.
Und sie nutzen dabei Strukturen, die von den beiden großen
christlichen Kirchen am Leben gehalten werden. Das hat zwar nichts
mit den terroristischen Anschlägen und dem Krieg der Kulturen,
sondern mit unseren alltäglichen Auseinandersetzungen um
menschliche Emanzipation zu tun. Aber es ist auch nicht ganz
zu trennen von der Frage der religiös begründeten Diktatur
und des religiös begründeten Terrors.
Religionen sind eben nicht einfach Angebote, an die man glauben
kann oder nicht, sondern sie trachten, ihre Sichtwese der Dinge
auch zur politischen Macht werden zu lassen. Die Frage nach der
Trennung zwischen Kirche und Staat ist seit dem Zusammenbruch
des angeblichen Sozialismus wieder neu gestellt worde, wie auch
die Frage nach individueller Selbstbestimmung. Religionen suggerieren,
dass es irgendwo eine gerechte Macht gebe, der man sich anvertrauen
könne, wenn man seine eigene Emanzipation zurückstellt
und den ReligionsführerInnen vertraut. Und gerade darin
liegt ihre eigentliche Gefahr.
-
- Verhalten in der Szene
- "Ist die Lesben- und Schwulenszene
nur eine Inszenierung der Unterhaltungsbranche?" Es waren erstaunlich viel Leute da. Joachim
trug sein Referat vor, unterbrochen durch konstruktive Zwischenfragen
aber auch muffige destruktive Anmerkungen. Die Diskussion danach
brachte 3 Positionen zutage: 1.
Postion: Joachim stellte dar, dass
die Verhaltensweisen der Lesben und Schwulen in der Szene hauptsächlich
von den Rahmenbedingungen (und den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen)
dieser Szene geprägt werden. Wenn man die Verhaltensweisen
anders haben wolle, müsste man dazu beitragen, die Rahmenbedingungen
zu ändern. 2. Position: Ein Diskussionsteilnehmer meinte, dass die
Verhaltensweisen überwegend in den Genen verankert seien.
3. Position:
Ein weiterer Diskussionsteilnehmer kritisierte, dass in Joachims
Referat der Individualismus zu schlecht wegkomme. Lesben und
Schwule würden nicht von der Szene geprägt sondern
sie entschieden induividuell, wie sie sich verhalten wollten.
Die Diskussion war sehr angeregt und im
großen und ganzen auch freundschaftlich. Sie wurde noch
interessanre und zwischenmenschlich freundschaftlicher, nachdem
der Vertreter der 3. Position den Raum verlassen hatte.
-
- Was tun gegen rechts
- Am Freitag, 20.04.01 ab
20 Uhr war das erste Treffen zu unserem Thema "Was tun
gegen rechts" in der LUST-WG. Joachim hat vorher bei
den Leuten angerufen, von denen er annahm, dass sie vielleicht
zu mobilisieren wären. Er hörte zumeist, dass es am
20.04. nicht klappen würde, aber am 27.04. kämen sie
ganz bestimmt. Dann wird es bei uns aber eng werden, was ja nur
wünschenswert ist.
- Es kam aber dann der Rainer vom Flüchtlingsrat und wir
unterhielten uns über die Asylgesetze und den diversen Versuchen,
das Kindheitsalter auf 18 hochzusetzen, und was das für
Auswirkungen z.B. auf schwule Flüchtlinge hat, wie z.B.
den Iranern, (Siehe unter "Theoretische
Erwägungen"), die im Moment als über-16-Jährige
wie Erwachsenen behandelt werden und so als schwule Männer
einen Asylantrag stellen können und somit nicht als Kinder
an die Eltern im Iran ausgeliefert werden, während ein junger
Mann als Flüchtling über 16 nicht zu seiner Mutter
nach Deutschland nachziehen kann, woraus in der taz die Forderung
abgeleitet wurde, auch in Deutschland das Kindesalter auf 18
raufzusetzen.
-
- Was
geschah auf denTreffen?
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